Ziele der Theaterpädagogik – Für eine ganzheitliche Bildung bei Kinder und Jugendliche!

Inhalt

Für jeden Theaterpädagogen ist es wichtig, sich mit den Zielen dieser Pädagogik auseinander zusetzten. Es ist wichtig, da die Zielsetzung uns bei der Begründung und Legitimation unserer Arbeit unterstützt. Wir müssen uns über die Zielsetzung dieser Arbeit im Klaren sein, da sie uns als Leitlinie dient.

Damit dieser Artikel keine Doktorarbeit wird, werde ich versuchen dieses Thema kurzzuhalten und nur die wichtigsten Punkte ansprechen, wie: Welche Förderung ist bei Kindern und Jugendlichen möglich, was bedeutet kulturelle Bildung (worunter die Theaterpädagogik gehört), sowie eine Definition des Kulturbegriffs im theaterpädagogischen Kontext.

Bevor du dich mit einem Thema befasst, empfiehlt es sich die Herkunft des Wortes zu kennen. Dementsprechend kann das Wort Theaterpädagogik in zwei Worte geteilt werden: Theater und Pädagogik. Theater kommt ursprünglich aus dem griechischen (théa) und bedeutet „schauen“, „anschauen“. Dies erscheint logisch, da es im Theater um das Ansehen einer bestimmten Situation geht, die auf einer Bühne gespielt wird. Man ist sich also sicher, dass sie nicht echt ist, da nur eine Situation nachgestellt wird. Der Ursprung des Wortes Pädagogik, liegt ebenfalls im Griechischen (paidagogós) und bedeutet „Kinderführer“ (Der Pädagoge war ursprünglich ein Sklave, der die Kinder führte und begleitete; daraus entwickelte sich dann die Bedeutung „Betreuer, Lehrer“.). Setzten wird dies wieder zusammen, kann man also Theaterpädagogik mit dem Führen (oder auch im modernen Begriff: Lehren) von Menschen durch Veranschaulichung übersetzen. Und genauso verstehe ich die Theaterpädagogik. Durch das Spiel werden verschiedene Lebenssituationen nachgestellt, mit dem Bewusstsein, dass die Situation fiktiv ist, sie wird veranschaulicht.

Theaterpädagogik in der Kinder- und Jugendarbeit

Durch das Spiel wird die Findung der eigenen Persönlichkeit gefördert. Die Persönlichkeitsentwicklung besteht aus der Übereinkunft der Umwelt und der inneren Bedürfnisse. Diese beiden Gegensätze muss der Mensch in Einklang bringen. Möchte ein Junge zum Beispiel ein Kleid tragen (sein inneres Bedürfnis), steht er vor dem Dilemma, dass dies im Widerspruch zu gesellschaftlicher Normen (die Umwelt) steht. Um beide Gegensätze mit sich selbst in Einklang zu bringen, ist es notwendig, die verschiedenen Punkte zu berücksichtigen: Was sind genau die Normen, was verlangt die Gesellschaft von mir, was erwartet mein näheres Umfeld von mir, welche Rolle will ich im Leben einnehmen und wie will ich nach außen wirken.

All dies sind Fragen, die wir mit Theater näher erörtern können. Entweder, werden diese anschaulich dargestellt, indem der Mensch sich ein Theaterstück ansieht, oder in dem er selbst Theater spielt. Letzteres gibt uns die Möglichkeit, in verschiedene Rollen zu springen und sich in diesen Auszuprobieren. Unterschiedliche Reaktionen können ausprobiert und innerhalb eines geschützten Rahmens durchgespielt werden. Dies ermöglicht verschiedene Perspektiven einzunehmen und sich so in die Gefühlswelt des Anderen hineinzuversetzen.

Durch das Auseinandersetzten und Hinterfragen dieser Normen und Regeln der Gesellschaft wird außerdem ein gesellschaftliches Mitgestalten angeregt. Durch die Auseinandersetzung wird sich konkret mit verschiedenen Themen befasst. Idealerweise werden dabei Themen gewählt, die sich gerade mit dem Interesse der Teilnehmenden befasst. Damit wird die Auseinandersetzung von verschiedenen Themen und ihren Sichtweisen möglich, was als politische Bildung verstanden werden kann, sondern auch das soziale Engagement. Letzteres ist möglich, da die Wahrscheinlichkeit der Solidarität wächst, wenn sich der Mensch mit einem Thema auskennt und Defizite in der Gesellschaft feststellt. Ein junger Mensch zum Beispiel, der sich mit Migration befasst und dies mithilfe von Theater aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet hat, wird sich eher, in entsprechenden Situationen solidarisch zeigen, als eine Person, die sich nicht damit befasst hat. Dies ist eine Hypothese von mir, für die ich keine wissenschaftliche Basis vorlegen kann, die aber meinen Überzeugungen entspricht. Natürlich muss die Auseinandersetzung mit dem Thema nicht unbedingt theatral geschehen, aber Theater ermöglicht, wie oben schon beschrieben, ein plastisch-sichtbares und emotional-nachfühlbares Nachspielen von Situationen. Immer im Bewusstsein, dass sie fiktiv und nicht real sind.

Ziele der Theaterpädagogik

Damit sind die Ziele der Theaterpädagogik die ganzheitliche Bildung des Menschen. Hier wird im späteren Verlauf beim Bildungsbegriff nach Wilhelm von Humboldt eingegangen. Im Folgenden wird dieser Bildungsbegriff kurz erläutert. Unter ganzheitlicher Bildung wird die Bildung des menschlichen Körpers und der Psyche verstanden. Beides interagiert miteinander und ist nicht zu separieren. Schon allein die Tatsache, dass die Kommunikation des Menschen überwiegend mit der Körpersprache stattfindet, ist ein Beleg von vielen, der die Verbindung von Körper und Psyche aufzeigt. Dies ist Insbesondere der Fall, wenn die Tatsache berücksichtigt wird, dass der Körper meistens die Wahrheit spricht, was in der Wortsprache nicht immer gegeben sein muss.

Die Theaterpädagogik arbeitet ganzheitlich, da sie den Teilnehmenden die Arbeit am Körper lehrt: Wie spreche ich, wie sind meine Gefühle und was kann ich wie ausdrücken. Darüber hinaus, lerne ich nicht nur meine Gefühle kennen, sondern auch die meines Gegenübers zu lesen. Was denkt die Person gerade, wie verhält sie sich und auf welche unterschiedliche Art und Weise kann dies interpretiert werden? Dies kann mit dem Deutschunterricht gleich gesetzt werden, der sich unter anderem mit der Grammatik der Sprache genauestens auseinandersetzt, um sie zur Textanalyse zu verwenden. Mithilfe des geschriebenen Wortes lernst wahrscheinlich auch du die unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten eines Textes kennen. Es geht also nicht nur um das Erfahren von Themenfeldern (ich fahre die Gefühle und Perspektiven, so wie die verschiedenen Sichtweisen ab und erlebe sie im Spiel innerhalb eines geschützten Rahmens), sondern auch um das Erleben meines Seins.

Kulturelle Bildung

Kulturelle Bildung ist eine ganzheitliche Bildung, die es dem Menschen ermöglicht Kultur zu erschaffen und sich und die Welt zu verstehen. Mithilfe von Kultur macht sich der Mensch seine Umwelt zu eigen. Denn Kultur ist alles, was der Mensch erschafft: Industrie, Kunst, Landwirtschaft, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft. Wenn es vom Menschen erschaffen wurde, ist es keine Natur mehr, und damit ein Gegenpol zur Natur. In der Lehrer des Menschen ist Kultur die Gesamtheit der Prozesse, die der Mensch zur Lebensgestaltung benötigt. Der Maßgebliche Unterschied zwischen Kultur und kultureller Bildung liegt im verfolgten Ziel. Kultur ist die Erschaffung der Lebenswelt. Kulturelle Bildung ist das Begreifen der Lebenswelt, des eigenen Seins innerhalb der Welt und seiner institutionellen Systeme wie Politik, Familie, Freundschaften usw. Dies alles geschieht mithilfe von Kultur. Ich erschaffe ein Bild und bekomme so einen anderen Blick auf die Welt, oder ich erschaffe ein Theaterstück, was das gleiche Ergebnis mit sich führt. Wichtig ist außerdem, dass dies unter pädagogischen Gesichtspunkten stattfindet. Also innerhalb eines offenen Prozesses der emanzipatorische (Geschlechtsneutrale) und partizipative (Selbstbestimmende) Konzepte verfolgt.

Ganzheitliche Bildung nach Wilhelm von Humboldt

Über ganzheitliche Bildung habe ich jetzt schon oft geschrieben, im Folgenden möchte ich erläutern, was darunter genauer verstanden werden kann. Ich selbst verstehe darunter den Begriff nach Wilhelm von Humboldt, der davon ausging, dass der Mensch sich seine Welt zu eigen machen müsse. Das verstand Humboldt unter Bildung: Die Formung des Menschen im Hinblick auf sein Menschsein. Dies muss geistig, physisch, soziale und kulturellen Merkmalen entsprechen. Dabei darf der Mensch keinen Zwängen unterliegen, außer denen, die er sich selbst untergibt, wie zum Beispiel das Erlernen eines bestimmten Wissens und den daraus resultierenden notwendigen Schritten. Ich muss mich also mit dem Alphabet auseinandersetzen, wenn ich schreiben lernen möchte. Von diesem notwendigen Zwang abgesehen, ermöglicht eine freie und individuelle Selbstentfaltung Bildung und bedingt diese auch. Bildung ermöglicht also Freiheit und Freiheit ermöglicht Bildung. Denn für Humboldt zählt Bildung zur Selbstbildung, die dem Menschen zur Individualisierung hilft. Entscheidend ist also nicht, was der Lehrer den Schülern beibringen möchte, oder er denkt, was die Schüler jetzt lernen sollten, sondern viel mehr, was die Schüler lernen möchten. Entsprechend sollte auch ein Theaterkurs an den Bedürfnissen der Teilnehmenden angepasst sein, und ihrer Stärken hervorbringen. Kritik sollte nicht ausgeübt werden, lediglich das erarbeitete sollte reflektiert werden. Rückmeldungen auf das Dargestellte sind Vorschläge, die die Künstlerinnen und Künstler für sich annehmen dürfen, wenn sie mögen.

Zentral für Humboldt war darüber hinaus die Sprache. Sie ist das zentrale Medium und Verbindung zwischen Umwelt und Geist, da die Sprache den Geisteszustand wieder spiegelt. Mit Sprache kann der Mensch sich der Welt entgegensetzen und sich seiner selbst bewusst werden.

Auf die Möglichkeiten der Theaterpädagogik und der Sprachentwicklung, ob verbal oder nonverbal, ob Oral oder mit dem Körper war ich schon in diesem Text eingegangen.

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Zusammenfassung

Ich hoffe, es ist mir gelungen, dir die Ziele der Theaterpädagogik näherzubringen. Nun möchte ich neben einer Zusammenfassung auch ein wenig auf die Praxis eingehen.

Die Ziele der Theaterpädagogik sind die ganzheitliche Bildung mit ihrer physischen und geistigen Entwicklung des Menschen. Mit der kulturellen Bildung, zu der auch die Theaterpädagogik gehört, begreifen wir die Welt und finden unsere Stellung innerhalb der Welt. Wir werden uns unseres Seins bewusster. Wichtig ist eine emanzipatorische und partizipative Konzipierung.

Für die Praxis bedeutet das, dass wir die Teilnehmenden fördern und fordern. Defizite, die wir entdecken, werden nicht durch Kritik aufgezeigt, sondern mithilfe von entsprechenden Übungen entgegengewirkt. Die Teilnehmenden sollen für sich entscheiden, ob und wie sie daraus eine Förderung erhalten. Der Kurs ist damit nicht belehrend, sondern sehr wertschätzend und förderlich für die Teilnehmenden. In ihrer Selbstbestimmung werden ihnen lediglich Möglichkeiten, Optionen aufgezeigt, zwischen denen sie wählen dürfen. Eine Belehrung findet nicht statt, dem gegenüber ermöglichen wir den Teilnehmenden durch Reflexionen innerhalb der Gruppe ihre eigenen Erfahrungen zu machen und daraus eigenständig ihre Lehren zu ziehen. In der Gruppe selbst findet der Austausch zwischen dem Erlebten statt. Ich habe das Geschehende so erlebt und mein Gegenüber anders, oder genauso. Wichtig ist, dass es kein richtig, oder Falsch gibt.  Das ist der Grund, warum in der kulturellen Bildung die Reflexionsrunden so wichtig sind.

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Ob Theaterspielen in der Schultheater-AG, im Seniorenheim oder als soziales Projekt mit Jugendlichen – Theaterpädagogik ist überall. Sie schafft unverwechselbare Erlebnisse in der Gruppe und vermittelt eine Vielzahl an wichtigen Kompetenzen. Was im Ergebnis leicht und spielerisch aussieht, ist für den Theaterpädagogen sehr viel Handwerk und manchmal auch harte Arbeit. Jessica Höhn, selbst erfahrene Theaterpädagogin, hat nun das erste Kompendium aus der Praxis für die Praxis zusammengestellt. Sie beschreibt die Bedürfnisse und Qualitäten der unterschiedlichen Zielgruppen, stellt »Klassiker« aus dem Werkzeugkasten des Spielleiters sowie nützliche Methoden und Übungen vor und gibt Tipps für heikle Gruppensituationen. Ein unverzichtbarer Ratgeber, auf den gestandene Theatermacher wie Einsteiger immer wieder zurückgreifen können.

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Hey, ich bin Mark, staatlich anerkannter Sozial- und Kindheitspädagoge (B.A) sowie ausgebildeter Theaterpädagoge (BUT) und schreibe hier die Beiträge.

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