In der Zirkus- und der Theaterpädagogik steckt ganz viel von der Erlebnispädagogik drin. Das mag auf den ersten Blick verwirren, da die Erlebnispädagogik in der Regel mit Aktivitäten im Freien verbunden werden. Auf der anderen Seite hat die Erlebnispädagogik viel mit Theater und Zirkus gemeinsam.
Denn Zirkus und Theater können von den Teilnehmern als ein Erlebnis wahrgenommen werden. Des Weiteren finden wird in der Erlebnispädagogik unter anderem folgende Aufgabengebiete: Teilnehmer können in einem vorgegebenen zeitlichen Rahmen, künstlerisch thematisch abgeschlossene Projekte bearbeiten, des Weiteren wird beim körperliche Training mit leichtathletischen Übungen auf die Akrobatik im Zirkus gezogen.
In der Pädagogik Rousseaus, der als Vorreiter der Erlebnispädagogik steht, war die Handlung essenziell. Das Kind soll durch Handlungen neues erfahren und lernen. Erlebnis wird als die Flucht aus dem Alltag verstanden.
Diese Punkte finden wir in der Arbeit des Zirkus und Theaters wieder.
Meistens wird ein Projekt als ein Erlebnis wahrgenommen, da die Teilnehmer eine Vorstellung planen und durchführen. Das Erlebnis auf der Bühne zu stehen und ein „Star“ zu sein, der dem Publikum seine Künste zeigt. Sowie das Gemeinschaftsgefühl zusammen an einem Strang zu ziehen, um die Vorstellung erfolgreich darzubieten. Ist die Euphorie der Teilnehmer subjektiv am größten.
Auf der anderen Seite habe ich in meiner Arbeit auch schon gesehen, dass ein „einfaches“ Projekt ohne Vorstellung, ein Erlebnis für die Teilnehmer sein kann. Es ist also nicht festgeschrieben, ob das Erlebte zu einem Erlebnis wird, es ist nur eine Wahrscheinlichkeit.
So kann ein Kursleiter die Wahrscheinlichkeit erhöhen, ob sein Kurs zu einem Erlebnis wird oder nicht. Da wäre zunächst einmal der Ort. Findet der Kurs in einem richtigen Theater statt, oder in einem Zirkuszelt, kann dies auf die Teilnehmer beeindruckend wirken, insbesondere, wenn der Ort für sie neu ist, sie nur als Zuschauer dort waren, oder er als „magisch“ angesehen wird.
Ist der Ort eine gewöhnliche Umgebung, wie zum Beispiel eine Turnhalle, gibt es die Möglichkeit ihn entsprechend zu dekorieren. Ich selbst hänge nach Möglichkeiten die Wände und Räume mit Sternen- und Glitzertüchern ab. Das führt dazu, dass der Raum durch abgehängte Stühle ruhiger und mystischer wirkt, womit der Tag so besser in Erinnerung bleibt. Die Mühe, die man sich dabei gemacht hat, wird von den Teilnehmern meistens entsprechend honoriert.
Andere Möglichkeiten bestehen bei Kostümen. Nicht nur Kinder lieben es sich zu verkleiden, auch ältere Damen und Herren genießen dies. Gleiches gilt für Requisiten.
Ganz nach Rousseaus Gedanken, steht die Erlebnispädagogik für die handlungsorientierte Methode und will durch exemplarische Lernprozesse, in denen der Mensch vor Herausforderungen gestellt wird, die Persönlichkeit fördern und fordern. Damit geht es in der Erlebnispädagogik nicht um den Zweck selbst, sondern um die Schaffung von Möglichkeitsräumen.
Und genau hier greift auch die Zirkus- und Theaterpädagogik an. Es soll handlungsorientiert und kreativ gefördert werden. Mit den zirzensischen und theatralen Methoden soll der Teilnehmer gefördert werden. Übertragen auf unsere Arbeit, soll der Teilnehmer das jonglieren lernen, um sich einer Herausforderung zu stellen und nicht um das Jonglieren an sich zu lernen. Der Kursleiter hat hier die Aufgabe den notwendigen Raum zu erschaffen.
Transformation vom Erlebnis zum Alltag
Um das Erlebte im Zirkus oder Theater auf den Alltag übertragen zu können, kann man auf bestimmte Methoden zurückgreifen, die hier kurz dargestellt werden. Diese Methoden stammen von Michl, Werner (2009): Erlebnispädagogik, München: 1. Auflage, UTB-Profile. Sie sollen dabei helfen, den Teilnehmern die Transformation vom im Kurs erlerntem auf den Alltag anwenden zu können.
The Mountains speak for Themselves
Hier soll der Lerneffekt selbst aus der Situation entstehen. Erfahrungen werden also aus der Tätigkeit selbst geschöpft. Für die Praxis bedeutet dies, dass der Teilnehmer sich selbst an seinem Tun in der Zirkus- oder Theatertätigkeit ausprobiert und seine Erfahrungen sammelt. Der Kursleiter, stellt, wie oben schon beschrieben, lediglich das Angebot und die Möglichkeiten bereit und gibt Hilfestellungen, wo nötig.
Die Kritik an diesem Model liegt vor allem darin, dass das Erlebte nicht nachbearbeitet wird. Es findet keine Transformation auf den Alltag statt. Des Weiteren kann es zu Fehlinterpretationen der Teilnehmer kommen.
„Outward Bound Plus“ -Modell
Dieses Model baut auf dem vorherigen auf und geht auf dessen Kritik ein. Demnach soll eine Reflexion die Wahrscheinlichkeit des Transfers in den Alltag erhöhen und eventuelle Fehlinterpretationen aufklären. Damit können die Erkenntnisse zu einer Erfahrung verarbeitet werden, womit sie zu einer Erkenntnis reifen können.
Die Kritik an diesem Model finden wir in der Eingrenzung der reflektierten Themen. Der Kursleiter läuft hier Gefahr, nicht alle Fragen der Teilnehmer reflektieren zu können, wenn er die Themen vorher festlegt, oder die Themen der Teilnehmer falsch bis gar nicht wahrnimmt. Auf der anderen Seite läuft der Kursleiter Gefahr, dass das Erlebte zerredet wird, wenn er keine Themen festlegt. Weitere Hürden finden sich darin, dass die Klienten der Pädagogen nicht immer in der Lage sind, sich in der notwendigen Art und Weise sprachlich auszudrücken.
Metaphorisches Grundmodell nach Bacon
Diese Methode greift auf die erste hier beschriebene Theorie zurück. Auch in dieser Theorie findet keine Reflexion bewusst in einem Gespräch statt. Stattdessen können die Teilnehmer den Transfer mithilfe des Unterbewusstseins leisten. Hierzu wird auf die Möglichkeiten von Carl Gustav Jung und seine Archetypen gegriffen. Laut Jung hat jeder Mensch drei Typen des Bewusstseins: Ego, persönliches und kollektives Unbewusstsein. „Das Ego“ ist das Bewusstsein, das wir kontrollieren könne. Das Persönliche Unbewusstsein steuert unsere Gefühle und Gedanken, deren wir uns nicht bewusst sind. Das Kollektive Unbewusstsein arbeitet mit Archetypen. Sie haben vorher bestehende Formen aller Erfahrungen unserer Vorfahren, die wir geerbt haben. Sie beeinflussen alle Aspekte unseres Lebens, besonders die Emotionen. Das Galli Theater arbeitet mit dieser Methode, welche in Deutschland verteilt sind.
Neben den Archetypen wird parallel mit isomorphe Metaphern gearbeitet, die einen Parallelismus zum Alltag herstellen.
Die dritte Säule sind die Erfolgserlebnisse.
Bei diesem Model sehe ich persönlich die Gefahr einer Therapie, womit wir das Feld der Pädagogik verlassen würden. Man muss hier also auch darauf achten, nichts „kaputt“ zu machen.
Die allgemeine Kritik an dem Model vermisst hier eine Reflexion, da der Transfer in den Alltag vom Klienten nicht vollständig oder in Teilen von allein geschaffen werden kann.
Und dennoch ist das Model von Barcon die Grundlage vieler weiterer Modelle, auf die ich hier nicht alle eingehen kann.

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Zusammenfassung
In diesem Abschnitt wird alles zusammengefasst, was wir erarbeitet haben. Es wird versucht ein zielgerichtetes pädagogisches Konzept für die Zirkus- und Theaterpädagogik zu beschreiben.
Informationen sammeln
Hier soll versucht werden, den Teilnehmer dort abzuholen, wo er steht. Im Gruppengespräch kann der Kursleiter erfahren welche Erfahrungen die Teilnehmer schon mit Zirkus oder Theater gemacht haben.
Wahl und Gestaltung von Übungen
Darauf aufbauend kann der Kursleiter die Übungen entsprechend auswählen. Das soll nicht heißen, dass du jetzt ohne einen Plan zum ersten Mal in einen Kurs gehen sollst. Ganz im Gegenteil. Ich empfehle dir immer einige Ersatzübungen entweder auf Papier oder in deinem Kopf parat zu haben, die du individuell auf die Gruppe anwenden kannst. Des Weiteren ist ein guter Leiter in der Lage zu sehen, welche Übung als nächstes seine Teilnehmer brauchen, damit sie in ihrer Entwicklung weiter kommen. Das ist die Aufgabe eines jeden Kursleiters und ist der Unterscheidet vom Leien zum Profi.
Motivation
Damit die Herausforderung sich von den Teilnehmern wirklich einstellen kann, muss der Kursleiter seine Teilnehmer für die Aufgaben begeistern und unterstützen. Als Unterstützung verstehe ich die Aufgabe der Herstellung eines sicheren Raumes und die gezielte Übungsanweisung, sowie die Motivation. Gerade letzteres ist eines der meisten Aufgaben, die ich in der Zirkuspädagogik leisten muss. Denn es braucht viel Geduld und Disziplin bis eine Zirkusübung beherrscht wird, was nicht immer zu den Stärken der Teilnehmer gehört, und/ oder zum Förderungssubjekt der Zielgruppe gehört.
Begleitung
Natürlich muss sich der Leiter soweit wie möglich aus dem Geschehen zurückhalten um den Lern- und Gruppenprozess nicht zu beeinflussen. Diese Zeit kann der Kursleiter gut nutzen die Teilnehmer zu beobachten und seine Rückschlüsse aus dem Verhalten zu ziehen. Wer zeigt welches Verhalten? Wo entwickeln sich kleine Untergruppen und welche Einflüsse hat jeder Teilnehmer auf die gesamte Gruppe? Wo sind die schüchternen, die in der Gruppe untergehen? Diese Eindrücke sind wichtig für weitere Übungen und/oder später in der Reflexion.
Reflexion und Transfer
Abschließend muss der Kursleiter unterstützend zur Seite stehen, wenn es um die Nachbearbeitung des Kurses geht. Mit geeigneten Fragen, soll der Teilnehmer in die Lage Versetzt werden sein Verhalten selbst zu reflektieren (Sokratisches Gespräch) und damit eine Transferleistung in den Alltag herzustellen
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